Pech Bäcker
Der Köblitzer Bäcker - vom Kleinbetrieb zum fortschrittlichen Unternehmen
Infolge des stetigen Wachstums der Firma Weberei Carl Kalauch war die Entwicklung der Infrastruktur im alten Köblitz des beginnenden 20. Jahrhunderts unabdingbar. Durch die heranwachsende Zahl der Arbeitsplätze und der Einwohnerzahl entstand neuer Bedarf an Wohnungen, Handwerksleistungen und Dienstleistungen. Groß war die Zahl an Neugründungen kleiner Handwerksbetriebe wie Tischler, Schlosser, Friseur, Stellmacher, Schneider oder Sattler. Auch neue Handelseinrichtungen entstanden. Kohlehandel, Handel mit landwirtschaftlichem Bedarf und selbstverständlich Lebensmitteleinzelhandel entwickelten sich zu jener Zeit. Bürgerlicher Wohnraum für leitende Angestellte wurde benötigt und auch die alte Schule entsprach nicht mehr den Anforderungen. Die Unternehmerfamilie Carl Kalauch war ausschlaggebend für die Entwicklung des Ortes, und so entstand auch in den Jahren 1904-1906 das Gebäude Köblitz Nummer 16b, der heutige Pech-Bäcker.
Bis 1937 befand sich auf der linken Seite des Gebäudes der Gemischtwarenhandel des Kurt Graf. Von 1906 bis 1912 war ein Bäckermeister Hermann Katscher der Pächter dieser Bäckerei. Am 01.11.1912 übernahm Max Hugo Pech den Betrieb. Der aus Weigersdorf stammende Bäckermeister absolvierte seine Lehrlingsausbildung in Dresden, anschließend seinen Militärdienst in der Bäckerabteilung der Heeresbäckerei. Danach besuchte er ebenfalls in Dresden die Meisterschule. Durch nicht bekannte Umstände landete er etwa 1910 in der Cunewalder Obermühle bei Paul Knobloch. Dort lernte er auch seine künftige Ehefrau Alma, Tochter des im Oberdorf ansässigen Bäckermeisters Hermann Zeißig, kennen. Gemeinsam betrieben sie die Bäckerei von 1912 bis 1952. Bereits 1921 erwarben sie das Gebäude mit dem dazugehörigen Areal von Carl Kalauch.
Im Jahre 1952 übernahm Bäckermeister Johannes Pech mit seiner aus der Bäckerei-Konditorei Preusche stammenden Ehefrau Hildegard die Geschäfte. Vor ihnen stand die schwierige Aufgabe, die Bäckerei durch Zeiten von Mangelwirtschaft und Sozialismus zu manövrieren. Von staatlicher Seite war privates Unternehmertum kaum förderbar. Man träumte von Volkseigentum und Kollektivierung. Die Stundenlöhne der Beschäftigten im Handwerk wurden vom Staat festgelegt und waren mit Löhnen in der Industrie nicht vergleichbar. Dies bedingte wiederum den Weggang der Handwerksgesellen in Industriebetriebe. Erst Mitte der siebziger Jahre entspannte sich die Situation etwas. Die heutige Inhaberfamilie ist ihren Eltern noch immer sehr dankbar dafür, dass sie in diesen schwierigen Zeiten niemals den Mut verloren haben und wie viele andere Handwerkskollegen aufgegeben haben.
Zum 01.07.1981 übernahm Bäckermeister Michael Pech, damals noch 22-jährig, die Geschicke des Handwerksbetriebes mit sieben Beschäftigten. In den 80er Jahren war eine behutsame Entwicklung bzw. Modernisierung möglich. Bei Anträgen für Baumaterial oder Investitionsgüter konnte man sich auf SED-Parteitagsbeschlüsse berufen. Diese Formulierungen von damals sind heute köstlich zu lesen. Durch günstige Umstände und die Unterstützung von Mathias Pech als Bruder des Eigentümers konnte 1985 sogar ein design-prämiertes Messeexponat des VEB Landmaschinenbau Fortschritt Backofenbau Bautzen in der Bäckerei zum Dauertestbetrieb aufgestellt werden. Federführend bei der Entwicklung dieses Elektrobackofens waren die Cunewalder Dr. Horst Sarembe und Dipl.-Ing Peter Berger. Selbst Gäste aus Syrien, dem Irak und Schweden waren in dieser Zeit zu Vorführungen der Back- und Beschickungstechnik in der Bäckerei zu Gast. Diese für damalige Zeiten modernste Technik in Handwerksbäckereien brachte einen Quantensprung an Produktivität. Das war auch notwendig, denn die Einwohnerzahl stieg bis Ende der achtziger Jahre (mit den Gastarbeitern) auf über 2000. Dazu kamen hunderte Pendler, die im Motorenwerk und den Lautex-Betrieben ihren Arbeitsplatz hatten.
Mit der politischen Wende, insbesondere mit der Währungsunion am 1. Juli 1990, ergaben sich für den Handwerksbetrieb völlig neue, bisher nicht gekannte Probleme. Die Versuchung bunter Verpackungen der Westware, anderes auszuprobieren und vor allem die Veränderungen am neuen Arbeitsmarkt beeinflussten das Kaufverhalten der Bürger. Filialen hieß in diesen Zeiten das Zauberwort. Aber das brachte auch gut durchdachte Erweiterungen der Produktionsflächen, Investitionen in Technik und Verkäufe mit sich. 1993 erfolgte der erste Anbau, den Altmeister Johannes noch argwöhnisch beobachtete. Die letzte Erweiterung fand im Jahre 2012 statt. Durch allumfassende, stufenweise Erneuerung der alten, ursprünglichen Räume der Backstube aller Gründungsväter ist aus dem Köblitzer Bäcker ein modernes, qualitätsorientiertes Handwerksunternehmen mit gut 30 Beschäftigen geworden.
Und damit das auch so bleibt, sind wir in der Pflicht: Denn kaufen wir nicht mehr beim einheimischen Bäcker mit seinen regionalen Zutaten, stirbt das Bäckerhandwerk eines Tages aus und es bleiben nur die minder geschmacklichen Maschinensemmeln übrig. Und mal ganz ehrlich - wollen wir das?
Quellen: Heimatfreunde Weigsdorf-Köblitz, Michael Pech, Torsten Hohlfeld