802 Jahre Cunewalde 1222 - 2024

Umgebindehauspark


Ein herrlicher Lehrpfad - der Umgebindehauspark in Cunewalde

Zwischen Gemeinde- und Bürgerzentrum in Cunewalde und Deutschlands größter evangelischer Dorfkirche befindet sich ein Architekturpark von besonderem Wert. Mannshoch und wie verstreut angeordnet gleicht hier kein Umgebindehaus dem anderen. So war es schon vor Hunderten Jahren beim Ausbau unserer Dörfer. Man baute in der Wiesenaue einfach dort, wo noch Platz war. Diese traditionelle Beliebigkeit verleiht dem neu entstandenen Cunewalder Umgebindehauspark so eine besondere Note. Im Maßstab 1:5 haben hier mittlerweile rund 20 Modelle eine Heimat gefunden.

Das Umgebindehaus ist ein gebildeter Baukörper aus Holzblockbau und Fachwerkbau. Die Blockstube ist ein eigenständiges Bauteil und wird mit der Holz-Ständer-Konstruktion (Umgebinde) umbunden, um die Lasten des Daches abzuleiten. Die Naturbaustoffe Holz, Lehm, Stroh und Stein, aus denen diese Häuser einst geschaffen wurden, haben sich bewährt, denn die meisten Exemplare sind bereits 300 Jahre und älter. Um 1675 wurde nachweislich der barocke Umgebindebogen von den Zimmerleuten eingeführt. Die Volkskunst im 18. Jahrhundert hat eine üppige Formensprache, insbesondere in der Gestaltung von Granit- und Sandsteinportalen hervorgebracht. Seit dem Spätmittelalter war dieses Umgebindehaus in der heimatlichen Oberlausitz der vorherrschende Bautyp in Stadt und Land. So ungefähr 6000 Exemplare dieser Häuser sind gegenwärtig noch im ländlichen Raum zu finden.

Begonnen hat alles mit der Idee, die etwa im Jahre 2002 der Bautzener Ralf Schäck hatte. Damals wurden in Rackel zwei Umgebindehäuser abgerissen. Eines von 1714, das teilweise im Bautzener Museum wiedererrichtet und damit der Nachwelt erhalten geblieben ist, und ein anderes mit einer Fachwerkscheune aus der Zeit um 1770. Letzteres wollte Ralf Schäck wieder im Original aufbauen. Es scheiterte jedoch an den Finanzen, weiß der Macher des Modellparks zu berichten. Als Lehrausbilder in der Betriebsschule des VEB Kohle und Energie in Bautzen und in der Sächsischen Bildungsakademie Bautzen hat er immer das Ziel gehabt, Jugendliche mit Begeisterung an die Arbeit heranzuführen. In diesem Sinne startete er im Jahr 2005 eine Ein-Euro-Maßnahme mit zwölf Jugendlichen. Das Amt für Arbeit und Soziales Bautzen finanzierte die Maßnahme. Die Herausforderung für Herrn Schäck war zweifelsfrei die Tatsache, dass kaum einer der Teilnehmer entsprechende handwerkliche und Holz verarbeitende Vorkenntnisse mitbrachte. Als Nachteil sollte sich das jedoch nicht erweisen.

Zuerst bauten sie das Modell "Umgebindehaus Rackel" mit dazugehöriger Fachwerkscheune. Die detailgetreue Herstellung der vielen einzelnen Bauteile wie Fachwerkverbindungen, Steingewände, Sprossenfenster, Dachseine und vieles mehr waren von Anfang an wichtig. Hier lag das besondere fachliche Augenmerk der Betreuung durch Arnd Matthes und der Stiftung Umgebindehaus. Auch die Auswahl der herzustellenden Modelle resultierte aus zahlreichen gemeinsamen Beratungen mit Herrn Schäck, die im Rahmen der Arbeit der Stiftung Umgebindehaus erfolgten, denn jedes Umgebindehaus hat seine eigene Geschichte, seine Individualität, seine ganz eigene Art und Nutzung. Daher wurde angestrebt, eine breite Auswahl von Objekten zusammen zu stellen, die dann auf einer Freifläche angeordnet, einen Einblick in die vielfältige und stufenweise Entwicklungsgeschichte der schönen Umgebindebauweise geben soll. Von enormen Vorteil waren die Dokumentationen und Pläne von bereits abgerissenen Umgebindehäusern, zum Beispiel aus Wilthen der Baujahre 1692 und 1712.

Im Rahmen mehrerer halbjähriger Maßnahmen entstanden so durch die "Handwerker" nach und nach weitere originalgetreue Nachbildungen. Als Vorlagen für die ältesten Beispiele der Umgebindebauweise seien genannt: das Handwerkerhaus aus Weißenberg von 1651, ein Doppelstubenhaus aus Dittelsdorf und die Schmiede vom Lehngut Waditz von 1661, das Rösselsche Gehöft in Gröditz von 1702 und das Heimatmuseum in Sohland von 1714. Natürlich sind auch Umgebindehäuser aus unserer Gemeinde Cunewalde vertreten: ein ehemaliges Faktorenhaus in der Reichenstraße 4, die "Kleene Schänke" auf dem Erlenweg 14 sowie ein Eindachgehöft mit Strohdach auf dem Schanzenweg 3.

Ralf Schäck suchte nun einen geeigneten Ort für die Aufstellung der Häuser. In Cunewalde wurde er fündig. Für rund 30.000 Euro richtete die Gemeinde ein 2.000 Quadratmeter großes Areal zwischen Mühlteich und der Brachfläche des ehemaligen Kinos ein. Am 28. Mai 2009 war es soweit und der Umgebindehauspark in Cunewalde konnte festlich eingeweiht werden. Der Unterschied zu einem Miniaturenpark liegt klar auf der Hand: Hier im Cunewalder Umgebindehauspark gibt es nicht nur für Kinder oder Schulklassen, sondern auch für Baufachleute und Urlauber etwas Besonderes zu sehen, nämlich ein Stück Geschichte der Umgebindebauweise. Die Arbeit im Umgebindehauspark ruht nicht. Immer wieder erfolgen ergänzende Bepflanzungen und Tafeln mit Erläuterungen zu den Modellen.

Beim Hochwasser im August 2010 mit einem nie dagewesenen Ausmaß für Cunewalde blieben wie durch ein Wunder die Umgebindehaus-Modelle verschont. Die Parkanlage trug nur geringe Schäden davon. Der Park ist von Ostern bis Oktober täglich für Jedermann geöffnet und wer möchte, kann einfach über die Touristinformation Cunewalde eine fachlich untersetzte Führung buchen.

Quellen: Ortschronik Cunewalde, Arnd Matthes, Torsten Hohlfeld