Sagen
Das Veilchen vom Czorneboh
Zu Zeiten, als noch das Wendenland im heidnischen Aberglauben versunken war, da verehrten die Sorben einen Götzen, den Czorneboh, von dem der Berg den Namen hat, weil er hier oben ein prächtiges Schloss bewohnte. Derselbe hatte aber ein liebliches Töchterlein, welches er noch höher schätzte, als alle seine Schätze. Wie nun aber das Christentum sein Licht auch in diese Gegend trug, da wusste er, dass sein Reich auf dieser Welt zu Ende war. Und als das Kreuz zum ersten Male auf dem Berge erglänzte, da war der Götze zu Stein geworden und mit ihm sein stolzes Schloss. Sein reizendes Töchterlein aber ward in ein bescheidenes Veilchen verwandelt. Alle 100 Jahre einmal, in der Walpurgisnacht, erwacht die Jungfrau zum Leben. Und wem es beschieden ist, das Veilchen in diesem Augenblicke zu pflücken, der erhält die holde Jungfrau mit allen Schätzen ihres Vaters.
Das Teufelsfenster am Czorneboh
Bei einer freien Stelle am westlichen Abhang des Berges erblickt man zur Rechten am Saume der Nadelwaldung den Anfang einer Felspartie, die durch eine runde Öffnung an dem oberen Teile des Felsens als das sogenannte Teufelsloch oder Teufelsfenster bezeichnet wird. Aus dieser Öffnung sollen der Sage nach heute noch kleine Kobolde schlüpfen und einen Keller mit unendlichen Schätzen bewachen, weshalb man die Stelle auch Koboldkammer genannt hat. Eine Frau, die mit ihrem Kinde auf den Berg gegangen war, um Waldbeeren zu suchen, hatte Gelegenheit, in den Keller zu gelangen. Sie setzte ihr Kind auf den Boden der Höhle und raffte die Schätze begierig zusammen. Schreckliches Donnern erschütterte die Erde und trieb die Frau angsterfüllt ins Freie. Aber als sie sich umsah, war die Höhle geschlossen und kein Eingang wieder zu finden. Die arme Mutter lag bei ihren Schätzen, unbekümmert um deren Wert, denn sie hatte ihr Kind verloren. Doch nach einem Jahre an demselben Tage stand sie wieder am Teufelsfenster. Der Keller tat sich auf und auf dem Boden saß ihr Kind und spielte. Die Schätze mochten funkeln und glänzen, die Mutter sah sie nicht, sie erblickte nur ihr Kind und entriss es mit Blitzeschnelle den unterirdischen Mächten.
Der Wilde Jäger auf dem Czorneboh
Der von den Deutschen zu den Wenden gelangte Dietrich von Bern, auch Pan Ditrich, Bann Ditterch oder sorbisch Dyterbjarnat, Dziwi Hajnik, zieht zu jeder Zeit nach Sonnenuntergang mit einer großen lärmenden Hundemeute und wilden Spießgesellen unter lautem Schießen, Heulen, Gebell, Pfeifen, Pferdegewieher und Peitschenknall in der höheren Luftregion als wilder Jäger umher. Er sitzt zu Pferde und niemand hat von ihm etwas Böses zu befürchten. Wer ihn aber neckt oder nachschreit, dem wirft er ein Stück Fleisch von gefallenem Vieh zu, welches man ohne Hilfe des Scharfrichters zeitlebens nicht wieder los bekommt. Bei Budissin, dem heutigen Bautzen und in der nahen Gegend der sogenannten Götterberge, zieht Pan Ditrich auf seiner wilden Jagd umher. Es heißt: Wenn seine Jagd dem Zuge des Czorneboh entlang braust, bellen in Cunewalde die großen Hunde. Macht Pan Ditrich aber die Seite des Bieleboh unsicher, kläffen die kleinen Köter im Dorf. Seitdem wissen die Bewohner von Cunewalde bei jedem Hundebellen, an welcher Seite des Tales der wilde Jäger gerade sein Unwesen treibt.
Furchtbares auf dem Czorneboh
Besteige Wanderer den Czorneboh, lass die Müh dich nicht verdrießen. Dort oben kannst du frei und froh, die reine Luft genießen. Dort war der Wenden heiliger Hein, noch sieht man den mächtigen Opferstein. Dort schürte des Brandes heiße Glut, der Priester in alten Zeiten. Dort floss der Opfer warmes Blut, dem finstern Gott der Heiden. Der Götze jagt, der Priester entfloh, es besiegte das Kreuz den Czorneboh. Noch ist am Felsen ein rundes Loch, das nennt man das Teufelsfenster. Daraus entsteigen heute noch, die teuflischen Gespenster. Es spricht die Sage, sie haben Macht, zur Sonnenwende um Mitternacht. Da zischt es grausig am Opferstein, es beginnt die finstere Hetze. Mit blutig rotem Feuerschein, erscheint der alte Götze. Und still umringen ihren Meister, schwarze Gesellen, die bösen Geister. Er sendet sie fort ins weite Land, um Finsternis zu verbreiten. Droht furchtbar mit der blutigen Hand, wie in den alten Zeiten. Doch siegreich ist das göttliche Licht, nun fürchten Menschen sein Drohen nicht. Die Priester nur in der Heidenzeit, sie durften den Berg betreten. Der Laie musste davon weit, entfernt zum Götzen beten. Jetzt aber wandert man frei und froh, auf den Czorneboh.
Die Töchter des Wassermanns von der Teichschänke
Eine der ältesten und beliebtesten, kleinen Gaststätten in Cunewalde war die "Teichschänke" in der "Neuen Sorge". Hier befand sich der erste Tanzsaal des Dorfes. Eine geräumige Gaststube, die für besondere Tanzvorhaben ausgeräumt wurde, sodass nur auf den Bänken, welche längs der Wände standen, Platz für die Tanzlustigen war. An das Grundstück der "Teichschänke" grenzt der größte und schönste Teich vom bis dahin eigenständigen Ort: Der Teichmühlteich, dessen Wasser früher das Mühlwerk einer der größten von neun Cunewalder Mahlmühlen in Betrieb setzte. Vom Teichmühlteich und der "Teichschänke" erzählt man sich im Dorf noch heute Folgendes: Wenn des Sonntags in der "Teichschänke" öffentlicher Tanz war, erschienen auch des Öfteren die drei schönen Töchter von dem Wassermann, der im Dickicht des Schilfes vom Teichmühlteich hauste. Es waren drei außergewöhnlich hübsche Mädchen, die bei den Burschen viel Zuspruch fanden, obwohl sie wenig sprachen und sich feuchtkühl anfassten. Schlag Mitternacht verschwanden sie vom Tanzboden, und es gelang nie einem der jungen Burschen, sie begleiten zu dürfen. Auf den Bänken, auf denen sie immer gesessen hatten, hinterließen sie nasse Flecke, die nie austrockneten. Einmal belauschte ein junger Mann die Töchter des Wassermanns, indem er sich im Schuppen der nahen Mühle versteckte. Er sah, wie die Mädchen eine Weidenrute wie eine Peitsche über die Teichfläche schlugen, worauf sich das Wasser teilte und die hübschen Töchter ins Schilf schlüpfen ließ. Der kühne Bursche tat das gleiche. Das Wasser teilte sich, er schritt hinein und ertrank jämmerlich in den über ihm zusammenstürzenden Wassermassen. Seither blieben die Töchter des Wassermanns dem Tanze fern und sie wurden nimmermehr gesehen.