802 Jahre Cunewalde 1222 - 2024

Russenstein


Der Russenstein am östlichen Ausläufer vom Herrnsberg

So manchem Wanderer wird der sogenannte Russenstein in den letzten Jahren entgangen sein. Die Gründe dafür scheinen recht einfach: Lange war der Stein, bedingt durch Wildwuchs, allerlei Gestrüpp, umliegender Bäume und mangels Hinweisschild, relativ gut versteckt. Doch auch sein Erscheinungsbild entsprach längst nicht mehr dem Zustand bei der Aufstellung des Steines. Umso schöner empfindet es nun der Wanderer und Heimatfreund, wenn er am Herrnsberg wandert und zwischen Märchensee und Schönberger Flur auf den Denkstein trifft. Eine Tafel (mit einem Schreibfehler) weist am linken Wegrand, unweit der neuen Wanderhütte am Waldrand, auf den Russenstein hin. Es ist ein von Hand behauener, aufrechtstehender Steinblock aus Oberlausitzer Granodiorit. Oben mit einer viereckigen Vertiefung und einem kleinen Russenstern, darunter eine längliche Aussparung mit oberer Wölbung. Darin ist folgender Schriftzug in deutscher und russischer Sprache eingemeißelt worden: "Hier ruhet ein russischer Soldat, 1945". Im Mai des Jahres 2020 wurde vom Cunewalder Peter Koch, ein Freund der Heimat und Kenner historischer Denkmale, dieser Stein liebevoll hergerichtet. Dazu gehörte das vorsichtige Reinigen, das denkmalgerechte Nachzeichnen von Stern und Schrift sowie das Umfrieden mit Feldsteinen. Zudem wurde ein russischer Helm davor abgelegt. Es ist wirklich ein echter Hingucker geworden.

Doch was hat es mit diesem Russenstein nun genau auf sich? Die am Wegesrand aufgestellte Tafel informiert uns: "In den Wirren des Krieges im April 1945, als die russische und polnische Armee die Oberlausitz vom Faschismus befreite, geriet ein russischer Spähtrupp von 5 Soldaten und einen Sergeanten in deutsche Gefangenschaft. Die Soldaten hat man bei Pielitz kurzerhand umgebracht. Den Sergeanten verhörte man in der Kommandantur in Schönberg. Ihm wurde Plünderung vorgeworfen. Daraufhin hat man ihn in den Wald geführt, erschossen und verscharrt. Später fand er seine letzte Ruhe auf einem russischen Soldatenfriedhof. Zur Erinnerung und Mahnung an diese schrecklichen Ereignisse haben die Schönberger Steinarbeiter diesen Denkstein erschaffen. Nie wieder Krieg".

Doch wie bei so vielen geschichtlichen Aufarbeitungen gibt es auch Berichte von Augenzeugen, die seinerzeit unweit von Sommer´s Bauernhof in Schönberg wohnten: Demnach waren es insgesamt drei Wlassow-Soldaten, die erschossen wurden. Generalleutnant Wlassow ist mit der Truppe ab Herbst 1944 zur Wehrmacht übergelaufen und hat mit ihr gekämpft. Wegen Diebstahls von Eigentum der Wehrmacht sind die drei Soldaten nach damaligem Kriegsrecht zum Tode durch Erschießen verurteilt worden. Die Soldaten saßen lange gefesselt auf der Wiese von Sommer´s Bauernhof in Schönberg, gegenüber dem ehemaligen Konsum. Einer ist am Herrnsberg erschossen worden, die anderen zwei am Waldrand von Pielitz / Mehlteuer. Nach Einstellung aller Kampfhandlungen wurden sie in Bautzen auf dem Russenfriedhof an der Muskauer Straße umgebettet.

Möge der Denkstein allen vorbeiziehenden Wandersleuten 
eine Mahnung und Erinnerung an diese schlimmen Kriegszeiten sein. Die Heimatfreunde Weigsdorf-Köblitz, aber auch alle anderen Freunde unseres Cunewalder Tales und seiner Geschichte, danken hiermit noch einmal ausdrücklich dem Wohltäter für die ehrenamtliche Restauration dieses außergewöhnlichen Mahnmales.
 
Quellen: Heimatfreunde Weigsdorf-Köblitz, Jochen Spiegel, Torsten Hohlfeld